Auf einem Tisch liegt ein Holzbrett, darauf liegt ein Stück Fleisch. Darüber sieht man die Hände eines Kochs, der ein Messer schärft.

Moritz – Koch aus der Schweiz

Moritz – Koch aus der Schweiz

„Ich hab mir schon mehrfach ein Stückchen Fingerkuppe abgeschnitten“

Hi zusammen, ich bin Moritz, 32 Jahre alt, lebe in der Schweiz, habe eine Hämophilie und arbeite als Koch. Was? Hämophilie und die tägliche Arbeit mit scharfen Klingen? Das höre ich öfter. Aber für mich ist das selbstverständlich – vielleicht auch, weil ich schon seit 15 Jahren täglich in der Küche die Messer wetze.

„Schuld“ an meiner Berufswahl war mein ehemaliger Klassenlehrer. Eigentlich wollte ich immer als Kameramann zum Fernsehen. Ohne  Abitur war da jedoch nichts zu machen. Mein Lehrer hat mir den Job des Kochs vorgeschlagen und ich habe mich einfach mal darauf eingelassen. Schließlich hatte ich schon früher Spaß am Kochen und Essen.  

Hämophilie? Na und!

Die Hämophilie habe ich noch nie als Hindernis angesehen. So kam mir auch nie der Gedanke, dass ich in der Küche einem größeren Risiko ausgesetzt bin als andere. Aber ich denke sowieso kaum an die Krankheit, für mich fühlt sich das einfach normal an. Es ist keine Belastung. Klar: Ich verzichte auf Extremsport, aber ansonsten lebe ich einfach mein Leben. Und mit dieser Einstellung bin ich damals auch in die Bewerbungsgespräche für die Ausbildungsstelle zum Koch gegangen.

Natürlich habe ich im Bewerbungsverlauf gesagt, dass ich Hämophilie habe. Mein erster Arbeitgeber konnte mit dem Begriff – wie sollte es auch anders sein – erst gar nichts anfangen. Als ich ihm erklärt habe, was dahinter steckt, war er zunächst etwas skeptisch. Den Job habe ich dann trotzdem bekommen. Mit den Kollegen in der Küche habe ich auch ganz offen darüber gesprochen – und kleine Infozettel für mögliche Notfälle verteilt. Einen echten Notfall gab es in den letzten 15 Jahren aber nur einmal. Ausgerechnet bei einer Tätigkeit, die gar nichts mit Kochen zu tun hat: Ich bin während meiner Ausbildung einmal übel die Treppe hinunter gestürzt. Das war das einzige Mal, dass ich zusätzlich spritzen musste. Ansonsten passiert natürlich auch sehr regelmäßig etwas – aber das ist für mich zum Glück nicht dramatisch, auch wenn es sich vielleicht so anhört.

Manchmal muss auch ein Fingernagel dran glauben

Brandverletzungen z. B. gehören zum Job einfach dazu. Und ich habe mir schon mehrfach ein Stückchen Fingerkuppe abgeschnitten. Manchmal musste auch ein Fingernagel dran glauben. Ich kann euch sagen: Das blutet wirklich wie Sau. Aber nicht nur bei mir, sondern bei allen. Ich bin aber prophylaktisch so eingestellt, dass ich das ohne Probleme wegstecke und meine Blutgerinnung in solchen Situationen gut funktioniert.  

Meine Ausbildung habe ich übrigens in Deutschland absolviert und dort einige Jahre gearbeitet – und zum Glück bisher auch alle Finger behalten. Während dieser Zeit hatte ich das Glück, auch ein wenig über den deutschen Tellerrand gucken zu können. Ich war für einige inspirierende Wochen in Restaurants in Moskau, Bangkok und Singapur. Das war wirklich ein Traum, nicht nur kulinarisch. Heute lebe ich meinen Traum in der Schweiz und arbeite als Küchenchef. Bevor ich ausgewandert bin, habe ich mich natürlich über die Versorgung mit Faktor schlau gemacht. In der Schweiz ist das aber gar kein Ding, ich beziehe meine Medikamente direkt von hier. Für meine kürzeren Auslandsaufenthalte habe ich einfach hochgerechnet und genügend Faktor mitgenommen – auch kein Problem. Wie man das clever packt, könnt ihr ja bei Anna nachlesen. Meine Erfahrung ist ohnehin, dass das internationale Netzwerk in puncto Versorgung mittlerweile echt gut ist.

Bald folgen kulinarische Leckerbissen

Was ich sonst noch über mich erzählen kann? Ich arbeite zusammen mit meiner Frau, die hier Restaurantleiterin ist. Falls ihr euch das jetzt fragt: Nein, das ist kein Problem. Wir sehen uns aber häufig auch nur ein paar Minuten am Tag, weil es hier oft ziemlich hektisch zugeht. Das Restaurant, in dem ich arbeite, hat übrigens einen Fokus auf asiatischer Küche. Das mag ich sehr. Eine gute Ramen, also DIE japanische Nudelsuppe überhaupt, ist schon etwas sehr Besonderes. Doch auch ein gutes Cordon Bleu oder Käsespätzle gehören definitiv zu meine Lieblingsgerichten. Und wenn ich einmal nicht ans Essen denke, dann reise ich sehr gerne. Wobei, um ehrlich zu sein, auch beim Reisen geht es bei mir oft um die Leckereien aus den unterschiedlichen Ländern …

Kochen ist für mich ein echter Traumjob. Es ist einfach unglaublich, wie kreativ man sich in der Küche austoben kann. Damit auch ihr ein bisschen was davon habt, stelle ich euch hier demnächst einige meiner Lieblingsrezepte vor. Und… auch wenn ihr euch nicht gleich in Lebensgefahr begebt… passt beim Nachkochen schön auf eure Fingerkuppen auf! 😉

Koch und Hämophilie-Patient Moritz neben einem Scampi-Gericht in einem großen Wok

Über mich:

Ich bin Moritz, 32 Jahre alt und seit drei Jahren verheiratet. Ich lebe für gutes Essen und habe das zu meinem Beruf gemacht. Seit 15 Jahren arbeite ich nun als Koch und bin mittlerweile als Küchenchef in einem  Schweizer Restaurant tätig. Wenn ich mich ausnahmsweise mal nicht mit Essen beschäftige, dann entdecke ich gerne Neues: Länder und Kulturen zum Beispiel. Total fasziniert bin ich von Asien – und da gibt es auch noch eine verdammt gute Küche.